Findet auf das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers aufgrund einer Beschäftigungsdauer von mehr als 6 Monaten und einer Beschäftigtenzahl im Betrieb des Arbeitgebers von mehr als zehn Arbeitnehmern das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Anwendung, kann der Arbeitnehmer im Falle des Ausspruchs einer Arbeitsvertragskündigung Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht erheben. Im Klageverfahren muss der Arbeitgeber dann den betriebsbedingten Grund, der nach seiner Auffassung die Kündigung sozial rechtfertigt, darlegen und beweisen.

Voraussetzung für die soziale Rechtfertigung und damit die Rechtswirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung ist der dauerhafte Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für den betroffenen Arbeitnehmer. Maßgeblich ist, dass die Beschäftigungsmöglichkeit nicht lediglich im bisherigen Arbeitsbereich, sondern insgesamt im Unternehmen des Arbeitgebers entfallen muss. Dies bedeutet, dass eine betriebsbedingte Kündigung nur dann sozial gerechtfertigt ist, wenn es keine Möglichkeit gibt, den Arbeitnehmer anderweitig – und sei es auch zu schlechteren, aber zumutbaren Arbeitsbedingungen – auf einem freien Arbeitsplatz einzusetzen.

Relevant wird in diesem Zusammenhang, wie Leiharbeitnehmer (die beim Verleiher und nicht beim betrieblichen Arbeitgeber beschäftigt sind) beurteilt werden müssen. Fallweise wird in Veröffentlichungen die pauschale Behauptung aufgestellt, dass jeder Arbeitsplatz eines Leiharbeitnehmers als „freier Arbeitsplatz“ zu beurteilen und aus diesem Grund der Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen solange unmöglich ist, solange im betreffenden Betrieb Leiharbeitnehmer beschäftigt werden. Tatsächlich ist in diesem Zusammenhang dahingehend zu differenzieren, zu welchem Zweck Leiharbeitnehmer eingesetzt werden. Erfolgt deren Einsatz lediglich zur Abdeckung von sogenannten „Auftragsspitzen“, wird nach herrschender Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) und der Instanzgerichte nicht von einer alternativen Beschäftigungsmöglichkeit im Sinne eines freien Arbeitsplatzes ausgegangen. Ebenso wenig ist von einem „freien Arbeitsplatz“ auszugehen, wenn der Arbeitgeber Leiharbeitnehmer lediglich als Personalreserve vorhält, um Vertretungsbedarf abzudecken. Werden im Betrieb Leiharbeitnehmer allerdings aufgrund eines dauerhaften Arbeitsbedarfs fortlaufend beschäftigt und tatsächlich eingesetzt, geht die Rechtsprechung von einer alternativen Beschäftigungsmöglichkeit für den gekündigten Arbeitnehmer im Sinne eines „freien Arbeitsplatzes“ aus. Eine in einer solchen Situation ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung ist mit hoher Wahrscheinlichkeit sozial nicht gerechtfertigt und eine Klage hiergegen erfolgsversprechend.

Arbeitnehmern und Arbeitgebern, die vom Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung in einem Betrieb mit Leiharbeitnehmern betroffen sind, müssen daher zur Beurteilung der Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung ermitteln, zu welchem Zweck der Einsatz der Leiharbeitnehmer erfolgt. Allein die Tatsache, dass der betriebliche Arbeitgeber als Entleiher auftritt, kann die Unwirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung nicht begründen. In Anbetracht der komplexen Rechtslage ist Arbeitnehmern und Arbeitgebern anzuraten, sich vor dem Ausspruch von Kündigungen oder nach deren Erhalt qualifiziert anwaltlich beraten zu lassen, da der Erfolg oder Misserfolg des Ausspruchs oder des Vorgehens gegen eine derartige Kündigung entscheidend von einer genauen Ermittlung des Sachverhalts und dessen zutreffender arbeitsrechtlicher Bewertung abhängt.

Thomas Wöhrle
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht