Geht der Arbeitnehmer im Wege einer Kündigungsschutzklage gegen eine Arbeitsvertragskündigung vor und wurde wegen einer Verhaltenspflichtverletzung des Arbeitnehmers gekündigt, wird in Einzelfällen offenbar, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ohne dessen Wissen überwacht hat. Diese Videoaufnahmen versucht der Arbeitgeber dann zur Begründung einer Kündigung und zum Nachweis einer Pflichtverletzung des Arbeitnehmers heranzuziehen.

Durch heimlich erstellte Videoaufnahmen wird zweifellos in das grundrechtlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers eingegriffen. Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht bedeutet dies allerdings noch nicht, dass hierdurch gewonnene Erkenntnisse, also beispielsweise auf den Videoaufnahmen erkennbare Verstöße des Arbeitnehmers gegen vertragliche Pflichten, in einem nachfolgenden Kündigungsschutzprozess als Beweismittel unverwertbar sind und hierauf gestützter Sachvortrag des Arbeitgebers immer unberücksichtigt bleiben muss.

In einer aktuellen Entscheidung vom 20.10.2016 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) seine Rechtsprechung hierzu weiterverfolgt und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das für das Verfahren vor dem Arbeitsgericht maßgebliche Prozessrecht kein Verbot der Verwertung von Erkenntnissen oder Beweisen, die unter Eingriff ins allgemeine  Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers erhoben werden, kennt. Das BAG hat vielmehr ausdrücklich festgestellt, dass der auf solche Aufnahmen gestützte Sachvortrag des Arbeitgebers und entsprechende Beweisangebote grundsätzlich zunächst vom Gericht berücksichtigt werden müssen.

Stellt das Arbeitsgericht fest, dass durch Erhebung oder Nutzung personenbezogener Daten in das durch das Grundrecht geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers eingegriffen wird, hat das Arbeitsgericht vielmehr zu prüfen, ob die vom Arbeitgeber gewählte Form der Informationsbeschaffung sachlich gerechtfertigt ist. Erst danach kann beurteilt werden, ob ein Verwertungsverbot besteht. Das BAG hat klargestellt, dass das bloße Interesse des Arbeitgebers, sich Beweismittel zu sichern, hierfür nicht ausreicht. Damit heimlich erstellte Videoaufnahmen in einem Kündigungsschutzverfahren durch den Arbeitgeber verwertet werden können, müssen vielmehr höhere Voraussetzungen erfüllt sein:

Zum einen muss ein konkreter Verdacht einer strafbaren Handlung oder anderweitigen schwerwiegenden Pflichtverletzung zu Lasten des Arbeitgebers vorliegen. Zum anderen müssen alle anderen Mittel zur Aufklärung dieses begründeten Verdachts ausgeschöpft sein und sich eine verdeckte Videoüberwachung für den Arbeitgeber als letztes, verbleibendes Mittel darstellen. Das BAG hat klargestellt, dass es hierfür nicht erforderlich ist, dass der konkrete Verdacht des Vorliegens einer Straftat sich gegen einen einzelnen Arbeitnehmer richtet; ausreichend ist vielmehr, dass ein räumlich und funktional  abgegrenzter Kreis von Arbeitnehmern in Verdacht steht.

Liegen diese Voraussetzungen vor, kann die Verwertung heimlich erstellter Videoaufnahmen durch den Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess zulässig sein. Dies bedeutet, dass sowohl hierauf gestützter Sachvortrag des Arbeitgebers vom Gericht, der Entscheidung zu Grunde gelegt werden als auch das hierdurch angebotene Beweismittel verwertet werden darf.

Damit ist festzuhalten, dass die Frage, ob ein Verwertungsverbot für heimlich erstellte Videoaufnahmen anzunehmen ist, immer eine Einzelfall- und Abwägungsentscheidung bleiben wird, die dem zuständigen Arbeitsgericht obliegt. Werden Erkenntnisse aus verdeckten Videoüberwachungen vor dem Arbeitsgericht in das Verfahren eingeführt, stellt sich aus Arbeitnehmersicht die weitere Problematik, wie hierauf reagiert werden soll. Dies gilt insbesondere, als im Verfahren vor dem Arbeitsgericht die Verpflichtung besteht, wahrheitsgemäß vorzutragen und ein prozessuales „Recht zur Lüge“ nicht besteht. Arbeitnehmern und Arbeitgebern, die mit dieser Thematik befasst sind, ist wegen der weitreichenden Folgen, die ein Beweisverwertungsverbot haben kann, anzuraten, sich qualifiziert anwaltlich beraten zu lassen