Umfragen und statistische Erhebungen zeigen immer wieder, nur etwa ein Drittel aller Deutschen haben bereits ein Testament errichtet. Die Dunkelziffer der hierbei längst nicht mehr aktuellen oder gar ungültigen Testamente lässt sich lediglich erahnen. Aber woraus resultiert die Abneigung der Deutschen, sich frühzeitig auch mit dem eigenen Ableben zu befassen?

Wir sind der Meinung, dass es oftmals an professioneller Beratung und Unterstützung fehlt, sobald die Regelung der eigenen Nachlassangelegenheiten ins Haus steht. In der Beratungspraxis zeigt sich immer wieder, zu welch erheblichem Konfliktpotential fehlende oder ohne anwaltliche Beratung errichtete Testamente unter Miterben führen können. Nicht selten werden deshalb erbrechtliche Auseinandersetzungen erbittert vor Gericht ausgefochten. Bereits bei der Auslegung von Testamenten und der Ermittlung des Erblasserwillens prallen regelmäßig völlig unterschiedliche Vorstellungen und Ansichten der Mitglieder einer Erbengemeinschaft aufeinander. Wenn man bedenkt, dass eine Erbengemeinschaft grundsätzlich auf eine Auseinandersetzung angelegt ist, so ist der Streit vorprogrammiert. Die Erbengemeinschaft dient in erster Linie dem Zweck, nach Erfüllung der Nachlassverbindlichkeiten und der Versilberung der Nachlassgegenstände, durch Verteilung des Überschusses an die Miterben aufgelöst zu werden.

Zwischen dem Erbfall und der endgültigen Auflösung der Gemeinschaft muss der Nachlass trotzdem sinnvoll verwaltet werden. Bereits der Grundsatz der gemeinschaftlichen Verwaltung und die oftmals notwendigen Verfügungen über Nachlassgegenstände sind dabei besonders problematisch. So können Miterben grundsätzlich nur einstimmig außergewöhnliche Dispositionen über den Nachlass, wie zum Beispiel die Veräußerung eines Nachlassgrundstückes, treffen. Für Maßnahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung hingegen, beispielsweise der Abschluss von Werkverträgen für erforderliche Reparaturen, die Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten oder der Abschluss eines Mietvertrages, reicht ein Mehrheitsbeschluss der Miterben mit einfacher Stimmmehrheit. Anderenfalls könnte ein quer treibender Miterbe durch ständigen Widerspruch jede sinnvolle Verwaltungsmaßnahme blockieren. Lediglich bei Maßnahmen der Notverwaltung besteht ein Alleinhandlungsrecht eines jeden Miterben. Hierunter fallen nur bedeutsame Maßnahmen in Dringlichkeitsfällen, in denen die Zustimmung der anderen Miterben nicht mehr eingeholt werden kann.

Besteht bereits Uneinigkeit bei der Verwaltung des Nachlasses, so bereitet auch die Auseinandersetzung dessen in der Regel erhebliche Schwierigkeiten. Können sich die Miterben nicht über die Art und Weise der Auseinandersetzung einigen, da beispielsweise klare Vorgaben in einem Testament fehlen, so ist das gesamte unteilbare Vermögen zunächst zu veräußern. Dies führt in der Regel zur Zerschlagung des gemeinschaftlichen Vermögens. Nicht selten muss im Klageweg die Auseinandersetzung der beweglichen Nachlassgegenstände durch Pfandverkauf erzwungen oder aber die Teilungsversteigerung von Immobilien betrieben werden.

Um einer streitigen Auseinandersetzung vorzubeugen, welche regelmäßig die eigene Familie betrifft, bietet das Gesetz zahlreiche Möglichkeiten. Bereits im Rahmen der Testamentsgestaltung sollten entsprechende Regelungen vorgesehen werden. So können beispielsweise einzelne Nachlassgegenstände durch Vermächtnisanordnungen bestimmten Personen zugedacht werden. Ebenso kann über eine Teilungsanordnung bestimmt werden, wie ein oder mehrere Nachlassgegenstände bei der Auseinandersetzung unter den Miterben verteilt werden sollen. Ein besonders effektives Mittel, um einer familienentzweienden Auseinandersetzung vorzubeugen, bietet aber auch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung.

Als Mitglied einer konfliktbehafteten Erbengemeinschaft ist es in jedem Fall ratsam, sich bei einem Fachanwalt für Erbrecht über die eigenen Rechte und Pflichten zu informieren und sich bei der Auseinandersetzung des Nachlasses von professioneller Seite unterstützen zu lassen. Denken Sie über die Errichtung eines Testamentes nach, so kann bereits im Vorfeld bei einer entsprechenden Beratung das erhebliche Konfliktpotential verringert werden.

Matthias Rapps
Rechtsanwalt
Wirtschaftsjurist (LL.B. Univ.)